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John Rawls' Theorie der Gerechtigkeit

1. Einführung

Themen dieser Ausarbeitung sind die Staatstheorien der Neuzeit, die Theorien und Vorstellungen des Aufbaus eines Staates, welche uns heutzutage immer noch prägen, bilden und formen, und unser Zusammenleben beschreiben und regeln. Im Folgenden werde ich mich mit der Staatstheorie von John Rawls, der Theorie der Gerechtigkeit, auseinandersetzen, diese erläutern und Kritik sowie Verbesserungsvorschläge zu dieser äußern. Vor allem John Rawls Theorie zum Aufbau eines Staates gehört zu den Staatstheorien der Neuzeit, da diese im Jahr 1971 veröffentlicht wurde und dadurch einen prägnanten Bezug und Kontrast zu unserer Zeit darstellt. Weiterhin wurde sie ungefähr 200 Jahr nach den größten und wichtigsten Veröffentlichungen zur Staatstheorie veröffentlicht, und trägt trotz dessen vieles zu einem Thema bei, welches man schon als abgeschlossen ansah.


2. Wer ist John Rawls?

John Rawls war ein US-Amerikanischer Philosoph der Neuzeit und lebte von 1921 bis 2002. Er beeinflusste in seiner Lebzeit die moderne politische Philosophie stark, vor allem durch sein Buch „A Theory of Justice“ zu Deutsch „Die Theorie der Gerechtigkeit“, welches auch das Thema dieses Textes ist. Weiterhin ist sein Grundgedanke, dass die Gerechtigkeit zwar eine wichtige Tugend des staatlichen Systems ist, doch die Freiheit des Einzelnen über dieser steht. Das heißt, das Ziel der Gerechtigkeit darf niemals die Freiheit des Einzelnen verletzen.


3. Welche anthropologischen Grundannahmen sind für die Theorie der Gerechtigkeit nötig?

Die Hauptbedingung sowie Hauptbegründung für die Theorie der Gerechtigkeit ist der Urzustand des Menschen genauso wie der Urzustand an sich. Der Urzustand beschreibt die faire Ausgangsposition, welche nötig ist, um sich auf ausreichende Gerechtigkeitsprinzipien zu einigen. Dieser ist jedoch nur eine hypothetische Situation und ist recht realitätsfern. Innerhalb dieses Urzustands werden die allgemeinen Gerechtigkeitsgrundsätze/-prinzipien beschlossen. Da der Urzustand jedoch eines der größten Bestandteile und Themen der Theorie der Gerechtigkeit ist, habe ich mich dazu entschieden dieses etwas zu verkürzen, bzw. die wichtigsten Punkte von diesem einmal zu erläutern, alles andere würde den Rahmen sprengen. Daraus folgt die Charakterisierung des Urzustandes durch diese sechs Eigenschaften: 1. Gleichheit -> Alle Menschen sind gleich. Jeder besitzt die gleichen Rechte bei der Wahl der Gerechtigkeitsgrundsätze, d. h. jeder kann begründete Vorschläge für diese machen. Dadurch wird die Gleichheit der Menschen als moralische Wesen dargestellt, und deren Gerechtigkeitssinn sowie streben nach eigenem Wohl berücksichtigt. 2. Gerechtigkeitssinn und Verbindlichkeit der Grundsätze -> Jede beteiligte Partei an der Wahl dieser Grundsätze muss einen Gerechtigkeitssinn haben, denn dadurch sind alle versichert das die gewählten Grundsätze von allen eingehalten werden. Das bedeutet, der Gerechtigkeitssinn ist der Wille zur Verbindlichkeit der zusammen ausgedachten/ausgewählten Grundsätze. Dadurch muss sich keine der daran beteiligten Parteien sorgen darüber machen, dass die gewählten Grundsätze nicht umsonst aufgestellt wurden, sondern sich jeder an diese hält.

3. Schleier des Nichtwissens ->Damit der Egoismus und die Bevorzugung des einzelnen bei der Wahl der Grundsätze verhindert/gebremst wird, muss ein sogenannter Schleier des Nichtwissens existieren. Den Personen fehlen im Urzustand Informationen zur eigenen Person, z. B. weiß keiner über seine eigene Klasse, seinen Status, seine natürlichen Gaben Bescheid, sogar die Kenntnis über die eigene Vorstellung des Guten oder den eigenen Lebensplan ist nicht vorhanden. Trotz dessen ist die Kenntnis über allgemeine Tatsachen nicht nur zugelassen, sondern auch nötig. Sie verfügen über alle nötigen Informationen, um die Festsetzung von Gerechtigkeitsgrundsätzen zu ermöglichen, darunter versteht man z. B. allgemeines Wissen über Gesetze und Theorien, allgemeine Tatsachen über die Menschliche Gesellschaft und ähnliches. 4. Vernünftigkeit ->Kurz gesagt bedeutet diese Charakteristik das der Mensch im Urzustand vernünftig ist. Er kennt keinen Neid und ordnet die gegebenen Tatsachen und Umstände so, dass möglichst viele von seinen Wünschen erfolgreich erfüllt werden. 5. Gegenseitiges Desinteresse ->Dies ist eine Weiterführung des vorherigen Punktes. Der Mensch kennt nicht nur kein Neid, sondern nimmt er auch kein Interesse an den Interessen anderer, er ist Ich-Fokussiert. 6. Schwache Theorie des Guten und Grundgüter ->Die Menschen im Urzustand wissen, gemäß des Schleiers der Unwissenheit, nichts von ihrer eigenen Vorstellung vom Guten, doch trotz dessen wissen sie, dass es bestimmte Grundgüter gibt, welche nötig sind, um die eigene Vorstellung vom Guten zu verwirklichen. Diese Grundgüter sind zum Beispiel Rechte, Freiheiten und Chancen aber auch Einkommen und Vermögen.


Weiterhin wissen die Menschen im Urzustand das gewisse Anwendungsbedingungen für die Gerechtigkeit nötig/vorhanden sein müssen. Dies sind einmal die Objektive Anwendungsbedingung der Gerechtigkeit, eine mäßige Knappheit an Gütern, sowie die Subjektive Anwendungsbedingung der Gerechtigkeit, Interessensgegensätze der Unterschiedlichen Personen.

Damit nach der Feststellung all dieser Voraussetzungen nun die Gerechtigkeitsprinzipien gewählt werden können gibt es die Maximin-Regel, diese besagt, dass man immer die Option wählt, bei welcher das schlechtmöglichste Ergebnis besser ist als das jeder anderen.


4. Was ist die Theorie der Gerechtigkeit?

Die Theorie der Gerechtigkeit lässt sich in genau vier Teile unterteilen: I. Die Aufgabe der Theorie der Gerechtigkeit Die Aufgabe der Theorie der Gerechtigkeit ist die Findung von Grundsätzen der sozialen Gerechtigkeit, welche (a) die Zuweisung von Rechten und Pflichten in den grundlegenden Institutionen der Gesellschaft ermöglichen und (b) die richtige Verteilung von Arbeit und Entlohnung im gesellschaftlichen Zusammenhang festlegen. II. Gegenstand der Gerechtigkeitsprinzipien Die im Urzustand bestimmten Gerechtigkeitsgrundsätze beziehen sich auf die wichtigsten Gesellschaftlichen Strukturen, darunter diese, welche für wirtschaftliche und soziale Verhältnisse zuständig sind. Am wichtigsten sind die Gerechtigkeitsgrundsätze jedoch für die Verfassung eines Staates. III. Begründung der Gerechtigkeitsprinzipien Die Gerechtigkeitsprinzipien werden durch zwei Ansätze begründet. Zum einem müssen sie im Überlegungsgleichgewicht entstehen und zum anderen müssen sie durch den Kontraktualismus erschlossen werden. Das Überlegungsgleichgewicht besagt, dass die Basis für die Gerechtigkeitsprinzipien unsere eigenen wohlüberlegten und durchdachten Gerechtigkeitsvorstellungen sind und diese Prinzipien unsere Vorstellungen vielleicht sogar erweitern. Der Kontraktualismus ist der wichtigste Bestandteil der Begründung der Gerechtigkeitsprinzipien, in diesem ist es notwendig das die Menschen zusammenkommen, und alle, die sich zu einer gesellschaftlichen Zusammenarbeit vereinigen wollen, die gleichen Voraussetzungen bei der Wahl der Grundsätze haben um somit eine faire Gerechtigkeit zu entwickeln. Demnach hat Rawls den zuvor schon genannten Urzustand entwickelt, denn durch diesen ist die Bildung eines einheitlichen Systems, welches ermöglicht die Ziele der Gemeinschaft und Gerechtigkeit zu verfolgen, erst möglich. Im Urzustand werden die Gerechtigkeitsgrundsätze durch die Maximin-Regel beschlossen, es wird immer das geringste Übel gewählt. IV. Inhalt der Gerechtigkeitsprinzipien Unabhängig von den eigentlich entschiedenen Gerechtigkeitsgrundsätzen, müssen diese immer zwei Grundsätze beinhalten, und zwei Regeln befolgen.

Erster Grundsatz (Freiheitsprinzip) Jeder hat ein Recht auf das Gesamtsystem des Staates und auf die Grundfreiheiten, welches jedem ermöglicht werden muss. Zweiter Grundsatz (Prinzip der Chancengleichheit)

Soweit es soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten in einem Staat gibt, müssen die Gerechtigkeitsgrundsätze folgendermaßen beschaffen sein. Sie müssen den am meisten betroffenen den größtmöglichen Vorteil bringen, und durch Ämter und Positionen beseitigt werden, welche die Chancengleichheit gewähren und für alle erreichbar sind.

Diese Grundsätze stehen in lexikalischer Ordnung, das bedeutet, um das Prinzip der Chancengleichheit umzusetzen muss erst das Freiheitsprinzip erfüllt worden sein.

Erste Vorrangregel (Vorrang der Freiheit) Die Grundfreiheiten können nur eingeschränkt werden, sofern damit mehr Freiheit ermöglicht wird, und dies auch nur in zwei Fällen. (i) Sofern eine weniger umfangreiche Freiheit das Gesamtsystem der Freiheit für alle Stärken würde oder (ii) eine geringere als gleiche Freiheit von allen von den eingeschränkten Annehmbar ist.

Zweite Vorrangregel (Vorrang der Gerechtigkeit vor Leistungsfähigkeit und Lebensstandard) Eine Chancen-Ungleichheit kann nur existieren/ausgebaut werden, soweit diese (i) die Chancen der Benachteiligten verbessert oder (ii) eine besonders hohe Sparrate (Steuern) die Last der Betroffenen mildert.

Diese vier Teile bilden somit die Theorie der Gerechtigkeit, welche zusammen mit der Freiheit des Einzelnen das Fundament eines jeden Staates sein sollte, so Rawls. Sie regelt das soziale Zusammenleben und soll die Fairness und Gleichheit im liberalen/kapitalistischen System gewährleisten.


5. Welche Eigenschaften müssen Staatliche Institutionen laut Rawls haben und wie müssen sie generell verfasst sein?

Laut Rawls müssen staatliche Institutionen genau zwei Grundeigenschaften besitzen/verkörpern, dies sind zum einem die Gerechtigkeitsgrundsätze, welche im Urzustand entwickelt wurden, und der gerade genannte Inhalt der Gerechtigkeitsprinzipien, vor allem hierbei aber die Vorrangregeln. Vor allem meint Rawls dabei die staatlichen Institutionen, welche sich auf die Grundstruktur der Gesellschaft beziehen, und die Prinzipien der sozialen Gerechtigkeit vertreten, also die Verfassung und Institutionen, welche für wichtige wirtschaftliche und soziale Verhältnisse verantwortlich sind. Demnach müssen die staatlichen Institutionen die Gerechtigkeitsgrundsätze, welche im Urzustand unter fairen Bedingungen festgestellt wurden, beschützen und unterstützen, so dass diese überall vertreten und verwendet werden. Dabei sollen die Vorrangregeln aber nicht außer Acht gelassen werden, d. h. die Institutionen dürfen die Gerechtigkeit nicht durchsetzen sofern dadurch die Freiheit des Einzelnen eingeschränkt bzw. verletzt wird. Dadurch, dass die Theorie der Gerechtigkeit Kontraktualistisch begründet wird, ist ein Staat, und somit auch seine Institutionen nach dieser demokratisch aufgebaut. Denn laut ihm ist ein demokratischer Urzustand überhaupt nötig, um richtige Vorstellungen von Gerechtigkeitsgrundsätzen zu entwickeln. Das bedeutet, seine Theorie wird durch Demokratie im Urzustand begründet, und Gerechtigkeit an sich ist ein demokratiebegründendes Konzept, da sie zwar von jedem subjektiv wahrgenommen wird, aber jeden objektiv betreffen muss. Deswegen sind alle Institutionen zwingend demokratisch in der Staatstheorie von John Rawls verfasst.


6. Kritik/Verbesserungsvorschlag und Ergänzung

Meine Hauptkritik an Rawls Theorie der Gerechtigkeit ist, dass sie sehr realitätsfern ist, die Grundvoraussetzungen, die erfüllt werden müssen, um sie zu bilden sind unerfüllbar, vor allem der Schleier des Nichtwissens, da jeder sich seinem Standpunkt und seinen eigenen Attributen zu jedem Zeitpunkt bewusst ist. Allgemein ist der Urzustand der nötig ist, um die Theorie zu begründen ein für den Menschen unerreichbarer Zustand, die Abwesenheit von Neid bzw. Interesse in die Angelegenheiten unserer Mitmenschen ist für den Mensch als soziales Wesen nicht erreichbar. Weiterhin ist nicht jeder Mensch gleich, bzw. gleich geboren. Ein Zitat dazu wäre „All men are born equal; some are just more equal than others.“. Um den Urzustand trotzdem zu erreichen, bzw. diesem am nächsten zu kommen, wie es nur geht, sollte man möglichst viele Menschen aus jeder möglichen Lebenslage, Klasse, Bevölkerungsschicht u. ä. befragen, um dann daraus umfangreiche Gerechtigkeitsgrundsätze zu entwickeln. Dies ist aber auch nicht leicht umsetzbar da es einen enormen Verwaltungsaufwand bedarf, und von außen verzerrt werden kann.


7. Fazit

Im Grunde ist die Staatstheorie von John Rawls ein sehr ausgeprägter Ansatz für den Aufbau einer gerechten und fairen Gesellschaft. Die Prägung durch sein Heimatland Amerika, welches den Liberalismus sehr nahesteht, ist offensichtlich. Vor allem seine Vorstellungen von der Freiheit des Einzelnen, und das diese immer an erster Stelle stehen muss zeigt den neo-liberalen Ansatz seiner Theorie. Aber ich als, man könnte schon sagen Marxist, finde die Theorie jedoch sehr realitätsfern und nicht mit meinem eigenen Vorstellungen eines gerechten und richtigen Staates vereinbar, die Gerechtigkeit, vor allem die soziale Gerechtigkeit sollte höher stehen als die Freiheit des Einzelnen. Jeder sollte die gleichen Chancen haben, die gleiche Menge an Grundgütern zur Verfügung haben, und wenn dadurch eben die Freiheit des Einzelnen eingeschränkt wird, so wird die Gesamtheit freier. Oder besser gesagt, wenn man Milliardäre enteignen muss, um Chancengleichheit in einem ausbeutenden und unfairen System zu gewähren, dann stellt sich bei mir nur die Frage: Warum ist es noch nicht geschehen?


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